9.1  Spannungsversorgung

Strom kommt aus der Steckdose. Dieser Satz ist zweifellos richtig, aber auch nicht vollständig, denn selten kommt er so aus der Steckdose, wie man ihn benötigt. Im Folgenden werden verschiedene Spannungsversorgungskonzepte für unsere Mikrocontrollerschaltungen an einigen Beispielen erläutert.

9.1.1  Linearspannungsregler

Ein Linearspannungsregler wird in Reihe zwischen Spannungsversorgung und Verbraucher geschaltet. Die interne Schaltung des Spannungsreglers stellt nun den Längswiderstand so ein, dass eine konstante Ausgangsspannung für den Verbraucher anliegt.


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Bild 9.1.: Grundschaltung eines Linearspannungsreglers und schematischer innerer Aufbau


Betrachtet man den in Bild 9.1 schematisch angedeuteten inneren Aufbau, stellt man fest, dass es sich in der Tat um einen proportional wirkenden Regelkreis handelt, der die Ausgangsspannung auf die voreingestellte Referenzspannung einstellt. Festspannungsregler sind für viele typische Ausgangsspannungen (5V, 9V, 12V, etc.) erhältlich. Eine schon lange am Markt existierende Realisierung sind die Spannungsregler der 78xx-Serie, wobei das xx durch die entsprechend einprogrammierte Nominalspannung zu ersetzen ist (z.B. 7805 für den 5V-Spannungsregler). Leider existiert in der 78xx-Serie kein Regler für 3V- bzw. 3.3V-Ausgangsspannung, die der MSP430 ja benötigt. Für 3.3V können beispielsweise Regler wie der LM 2937-3.3 (wenn man etwas mehr Strom benötigt) oder der LP2985 (< 100mA im SOT23-5-Gehäuse) verwendet werden.

Linearspannungsregler mit fester Ausgangsspannung benötigen im Allgemeinen keine weiteren externen Komponenten zur Funktion. Allerdings hat es sich als günstig herausgestellt, wie in Bild 9.1 angedeutet, vor und hinter dem Spannungsregler Abblockkondensatoren für hochfrequente Störungen einzusetzen. Typischerweise verwendet man hierzu keramische Typen im Bereich von 100nF. Des weiteren sollte man auf der Ausgangsseite noch einen Stützkondensator (ca. 1 μF/mA) für dynamische Lastspitzen einplanen.

Neben der Ausgangsspannung ist die realisierbare Verlustleistung ein zentraler Parameter, der Einfluss auf die Bauteilauswahl nimmt. Im Wesentlichen wird diese durch die thermische Kapazität und Ableitfähigkeit des Gehäuses definiert. Ein 78L05 im TO92-Gehäuse kann maximal 100mA, ein 78S05 im TO220-Gehäuse bis zu 2A Strom liefern. Im Inneren dieser Komponenten ist die gleiche Schaltung verbaut, den Unterschied macht nur die thermische Ableitfähigkeit des Gehäuses. Die Verlustleistung des Spannungsreglers ergibt sich zu

Ptot = (UIn - UAus )⋅I
(9.1)

Als Dimensionierungsbeispiel nehmen wir mal an, dass man bei Verwendung eines 78S05 im TO220- Gehäuse bei einer Eingangsspannung von 9V und einem mittleren Strom von 500mA den dauerhaften Betrieb sicherstellen möchte. Zur Auswahl stehen die in Bild 9.2 gezeigten Kühlkörper. Insgesamt haben wir nach Gleichung 9.1 eine Verlustleistung von 2W. Für das TO220-Gehäuse selbst ist im Datenblatt ein Wärmeübergangswiderstand von 5oC/W gegeben. Dieser liegt in Reihe zu dem thermischen Widerstand des Kühlkörpers. Die thermischen Widerstandswerte sind analog einer Reihenschaltung von elektrischen Widerständen zu addieren.


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Bild 9.2.: Verschiedene Kühlkörper, links ein einfaches U-Profil mit einem Wärmeübergangswiderstand von 25oC/W, rechts ein Rippenkühlkörper mit 9.5oC/W


Nehmen wir den linken Kühlkörper: Mit einem thermischen Widerstand von 25oC/W hätten wir dann bei Dauerbelastung und idealisierter Annahme, dass der Kühlkörper sich an der Oberfläche nur auf 50oC aufheizen muss, um die ganze Wärme loszuwerden (eine recht optimistische Annahme), eine IC Temperatur von TIc = 50oC+ (25oC/W + 5oC/W)* 2W = 110oC. Das ist zwar gerade noch im tolerierbaren Bereich (Tmax=150oC), aber eigentlich schon zu heiß. Mit dem anderen Kühlkörper, der auf Grund seiner größeren Oberfläche auch die Wärme besser an die Umgebungsluft abführen kann, kommt man bei gleichen Annahmen nur auf eine IC Temperatur von 79oC. Ein wesentlich vernünftigerer Wert. Zum Glück haben fast alle Spannungsregler zusätzlich eine interne Sicherheitsschaltung, die bei zu hoher interner Temperatur oder zu hohem Ausgangsstrom die interne Verlustleistung begrenzt. Dadurch sind die meisten Spannungsregler auch kurzschlussfest.

Eine weitere Kenngröße von Linearspannungsreglern ist die minimale Längsspannung, also der minimale Unterschied zwischen Eingangs- und Ausgangsspannung. Bei Spannungsreglern der 78xx-Reihe beträgt diese etwa 2.5V. Bei so genannten ”Low-Dropout-”Reglern wie z.B. dem LM2940 ist die minimale Längsspannung mit etwa 0.5V deutlich kleiner.

In Fällen, wenn die speziell gewünschte Ausgangsspannung nicht fest eingestellt erhältlich ist, werden einstellbare Spannungsregler verwendet. Ein typischer Vertreter dieser Kategorie ist der LM317. Dessen innere Referenzspannung beträgt 1.25V. Das heißt, dass der IC immer versucht zwischen Ausgang und Adjust-Pin eine Spannung von 1.25V einzustellen. Mit der in Bild 9.3 gezeigten Schaltung lassen sich Spannungen zwischen 1.25 V und UIn - 2V erstellen.


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Bild 9.3.: Grundschaltung mit einem LM317-Linearspannungsregler. UAus = 1.25(    R  )
  1+ R21


9.1.2  Bipolare Spannungsversorgung

In einigen Fällen, speziell bei der Verarbeitung analoger Signale, werden mitunter nullpunktsymmetrische Signale verarbeitet und verstärkt. Damit dies möglich ist, bedarf es einer entsprechenden symmetrischen Spannungsversorgung beispielsweise für die verwendeten Operationsverstärker. Im Idealfall steht ein Netzteil zur Verfügung, das gleich beide Spannungen symmetrisch bezüglich eines Mittenpotentials zur Verfügung stellt. Meist wird dies durch einen Transformator mit symmetrischer Wicklung und Mittenanzapfung realisiert. Bild 9.4 zeigt den grundsätzlichen Aufbau eines solchen symmetrischen Netzteils. Zur Spannungsstabilisierung werden sowohl ein positiver als auch ein komplementärer negativ-Spannungsregler eingesetzt. Die Baureihe 79xx enthält beispielsweise verschiedene Spannungsregler mit den üblichen Spannungswerten von -5V, -9V, -12V, etc...


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Bild 9.4.: Grundschaltung einer symmetrischen Spannungsversorgung mit Linearspannungsreglern


Hat man kein Netzteil, das eine bipolare Spannungsversorgung bereitstellt, bietet sich eine einfache Alternative an. Mann verwendet zwei Batterien oder zwei unabhängige Netzteile, die allerdings potentialfrei (d.h. ohne Bezug zum Erdungspotential) sein müssen. In diesem Fall können sie in Reihe geschaltet werden und der Verbindungspunkt ist dann die Bezugsmasse.

Oft fehlt es jedoch gerade an diesen Möglichkeiten, so dass man nur eine Betriebsspannung zur Verfügung hat. In diesem Falle kann man sich eine virtuelle Masse durch die in Bild 9.5 dargestellte Schaltung erzeugen. Auch hier agiert der Operationsverstärker in einem geschlossenen Regelkreis. Wird die Schaltung unsymmetrisch belastet, so verschiebt sich das Mittenpotential geringfügig. Da dieses jedoch an den negativen Eingang des Operationsverstärkers rückgekoppelt ist, kommt es zu einer Regeldifferenz im Bezug zu der Referenzspannung, die mit dem Spannungsteiler R1 und R2 erzeugt wird. Entsprechend wird nun die Basisspannung der Transistoren nachgeführt. Bei geringer Lastunsymmetrie und Leistungsaufnahme kann man sogar auf die Transistoren verzichten und die Ausgangsstufe des Operationsverstärkers direkt verwenden.


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Bild 9.5.: Erzeugung eines ”virtuellen” Bezugspotentials, nach [TSG02]


Bei Erzeugung dieser Art des Massebezugs muss man allerdings streng darauf achten, dass die negative Eingangsspannung und die virtuelle Masse nirgends an anderer Stelle in der Schaltung verbunden werden. Man sollte daher nie ohne besonderen Grund ein Bauteil direkt aus der Eingangsspannung und ein anderes aus der symmetrischen Spannung versorgen. Das führt eigentlich immer zu Problemen. Besser ist hier, alle Bauteile aus der symmetrischen Spannung zu versorgen. Vorsicht ist auch bei der Erdung von Schaltungsteilen geboten. Eine der beiden Schaltungsseiten muss hier ohne Bezug zum Erdungspotential stehen. Im Allgemeinen sollte dies die Eingangsspannungsseite sein, da sich so die meisten Probleme vermeiden lassen. Bei der Dimensionierung der Transistoren ist zu beachten, dass der gesamte Strom z.B. der ”positiven” Seite durch den Transistor der ”negativen” fließt (und umgekehrt) und dabei die halbe Betriebsspannung abfällt. Für Schaltungen mit größerem Leistungsbedarf ist diese Art der virtuellen Masse somit weniger zu empfehlen.

Als dritte Möglichkeit kann eine negative Spannung mittels eines invertierenden Schaltreglers aus der positiven Betriebsspannung gewonnen werden. Ein Bauteil, das dieses Prinzip ausnutzt, werden wir in Kapitel 9.4.5 noch näher kennenlernen. Der MAX232 erzeugt sich die notwendigen RS232-Logikpegel von ±12V mittels integrierter Schaltregler selbst. Da wir ja nicht extra für die Spannungsversorgung einen RS232-Treiber einsetzen wollen, sollte man Bauteile mit dieser dezidierten Funktionalität einsetzen. Benötigt man nur wenig Strom (< 15mA) kann man beispielsweise auf die ICs ICL7660/7661 oder einen LTC1044 zurückgreifen. Diese realisieren einen Spannungsinverter, der mit lediglich einem Kondensator als externem Energiespeicher auskommt. Etwas mehr Beschaltung benötigt der LM2575, aber dafür kann dieser auch deutlich mehr Strom liefern. Eine Schaltungsrealisierung für den LM2575 zeigt Bild 9.6.


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Bild 9.6.: Schaltungsvorschlag eines invertierenden Schaltreglers mit einem LM2575


Alternativ kann man bei spezialisierten Firmen für hybrid-integrierte Schaltregler fündig werden. Diese bieten gleichermaßen monopolare und bipolare Ausführungen ihrer DC/DC-Wandler an, die in verschiedenen Leistungsstufen und Spannungen erhältlich sind.