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Smart Life Support 2.0

Bild 1: Prinzip des Smart Life Support 2.0.

Ansprechpartner

Projektbeschreibung

Aufgrund der absehbaren Tendenz zu einer immer älter und multimorbider werdenden Patientenschaft mit zunehmend komplexer werdenden Krankheitsverläufen, aber auch aufgrund des zunehmenden Bedarfs nach Standardisierung („clinical guidelines“, wie z.B. das ARDSnet Protokoll) einerseits und Individualisierung der Therapie andererseits („personalized medicine“) und der relativ geringer werdenden Verfügbarkeit von qualifiziertem Personal besteht ein zunehmender Bedarf nach Unterstützung, der über die mechanische Förderung von Flüssigkeiten und Gasen weit hinaus geht.

Der technischen Unterstützung von Organ- und Vitalfunktionen auf der Intensivstation kommt dabei eine herausragende Rolle zu. Neben der Akutdialyse zählen dazu insbesondere die Unterstützung von Herz und Lunge, was sich u.a. auch in den Zahlen des statistischen Bundesamtes zur Mortalität widerspiegelt. Demnach sind beispielsweise im Jahr 2007 mehr als 75 % der Verstorbenen Erkrankungen dieser beiden Organsysteme zum Opfer gefallen. Die Beherrschung der damit einhergehenden, immer größer werdenden Komplexität bedarf einer zunehmenden geräteseitigen Unterstützung. Als Konsequenz müssen solche Assistenzsysteme in bisher ungekanntem Umfang über lokale Intelligenz und medizinisches Wissen verfügen und Teilfunktionen der Therapie übernehmen, ähnlich wie dies bei Assistenzsystemen im Kraftfahrzeug heute bereits üblich ist (z.B. ABS, ESP, etc.).

Der Paketantrag wurde in einem Zusammenschluss von sechs Lehrstühlen aus vier Fakultäten gestellt und besteht aus drei Einzelpaketen mit dem Ziel, Automatisierungstechnik für die Intensivstation der Zukunft zu erforschen. Das Gesamtauftragsvolumen beträgt knapp 2 Mio € über eine Laufzeit von drei Jahren und gemäß Aufteilung in drei Teilprojekte ECLA-VENT, Bela-VAD und Patho-Mod.

ECLA-VENT

Neben der lungenprotektiven Beatmung ist die extrakorporale Lungenunterstützung (ECLA) insbesondere für besonders schwere Formen des akuten Lungenversagens (ARDS) eine Therapie-Option. Allerdings ist die ECLA aufgrund des nichtlinearen Verhaltens nach wie vor schwer einzustellen, komplikationsträchtig und betreuungsintensiv. Um diesem Manko zu begegnen, wurden im Vorgänger-Verbundprojekt SmartECLA Konzepte und Verfahren für den sicheren und geregelten Betrieb der ECLA erarbeitet und erfolgreich im Tierversuch demonstriert.

In der Realität werden Patienten im ARDS immer zusätzlich beatmet. Damit wird ein Teil der Gasaustauschleistung nicht über die ECLA, sondern über den Ventilator erzielt. Da sich beide Therapien über den mittleren Beatmungsdruck und den Blutentzug auf den Kreislauf des Patienten auswirken, ist auch hier eine solide Modellierung der entsprechenden Pathologien (z.B. einer Reduktion der Gasaustauschfläche im ARDS, aber gleichzeitig auch einer hypoxischen Vasokonstriktion mit entsprechender Rechtsherz-Belastung) eine wichtige Grundlage für die Erarbeitung von Regeln für eine „günstige“, aufeinander abgestimmte Einstellung beider Geräte und die bedarfsabhängige Justierung der Gasaustauschleistung. Während sich das SmartECLA-Vorhaben auf die isolierte Automatisierung der ECLA-Therapie beschränkte, steht in dem nun beantragen Forschungsvorhaben ECLA-VENT die koordinierte und gleichzeitige Therapie mit der ECLA und der künstlichen Beatmung und die daraus entstehende Wechselwirkung beider Geräte mit dem Kreislaufsystem eines schwerkranken Patienten im Vordergrund.

Bela-VAD

Erarbeitung eines Regelungs- und Steuerungskonzeptes, das den linken Ventrikel entsprechend seines Unterstützungsgrades systolisch möglichst optimal entlastet und dabei eine unnötige diastolische Belastung vermeidet. Daneben sollen auch die myokardialen Erholungsprozesse (reverse remodeling) weiter untersucht und ein Konzept für die Optimierung entsprechender Entwöhnungs-Protokolle (weaning) gefunden werden. In der Vergangenheit wurde immer deutlicher, dass eine zu starke einseitige Entlastung des linken Herzens mit linksventrikulären Unterstützungssystemen (left ventricular assist device, LVAD) je nach vorliegender Pathologie ein (gegebenenfalls vorgeschädigtes) rechtes Herz nicht entlasten, sondern eher in Mitleidenschaft ziehen kann.

Patho-Mod

Ziel des zweiten vorgelegten Verbundvorhabens Patho-Mod ist es die objektorientrierte Modellierung der komplexen Wechselwirkung zwischen dem linken und dem rechten Ventrikel einschließlich einer möglichen partieller Unterstützung bzgl. der Förderleistung. Dazu sollen speziell die Modellierungs-Vorarbeiten aus dem PhysioMod-Projekt an diese Aufgabenstellung angepasst und als Grundlage für das Vorhaben eingebracht werden. Es ist davon auszugehen, dass dadurch ein verbesserter Einblick in die patientenspezifische pathologische Hämodynamik sowie eine Vorhersage der Wirkung und gezielte Ableitung von auf den Patienten abgestimmten Therapien der Rechts-Herz-Insuffizienz ermöglicht werden. Daraus ergibt sich das zweite Ziel des Forschungsvorhabens, nämlich die Erarbeitung eines modellbasierten und individualisierten Regelungs-Konzeptes für die intelligente rechtsventrikuläre Unterstützung.

Die drei beantragten Verbundvorhaben sind in mehrfacher Form miteinander verwoben:

  1. physiologisch durch die Kopplung der Krankheitsgeschehen. So wirkt sich ein Linksherzgeschehen häufig auf die Lunge aus (z.B. kardiales Lungenödem), während ein pulmonaler Hypertonus oder eine Beatmung mit hohen Mitteldrücken das rechte Herz belastet. Schließlich führt eine einseitige Entlastung nur eines Herzteiles in vielen Fällen zu einer Belastung des zweiten Ventrikelsystems,
  2. methodisch durch die gemeinsame Nutzung von objektorientierter Modul der Physiologie und der jeweiligen Pathologien sowie der Erarbeitung von Konzepten für die adäquate modellbasierte Regelung bei Etablierung geeigneter Methoden für einen sicheren Betrieb,
  3. klinisch durch die Erarbeitung von Methodenwissen für die zukünftige Therapieführung. Wichtige Aspekte sind dabei die Erarbeitung von Konzepten für die Balancierung des Supports von konkurrierenden Therapiegeräten und für die computergestützte Entwöhnung.